Achtsamkeitstraining
Das Konzept der Achtsamkeit stammt ursprünglich aus östlichen Meditationspraktiken und wird immer mehr für psychotherapeutische Zwecke genutzt. Achtsamkeit zu lernen ist einfach, man braucht dazu nur den Impuls, es zu tun. Überall, wo wir gehen, stehen, sitzen, kann es geübt werden. Der Effekt ist nicht so überwältigend wie ein sensationelles Erlebnis, das die Sinne stark reizt. Aber dafür verändert eine ausdauernde Achtsamkeitspraxis das Leben langfristig auf positive Weise.
Achtsam sein bedeutet ganz wach und aufmerksam wahrzunehmen. Was höre ich, was fühle ich, was schmecke ich, was rieche ich, was sehe ich? Normalerweise gehen wir unsere gewohnten Wege und tun unsere gewohnten Handlungen und nebenbei denken wir an etwas Anderes. Das ist Unachtsamkeit. Es kann passieren, dass wir nicht mehr wissen, wo der Schlüssel liegt, was meine Frau gerade gesagt hat oder was ich vor einer Minute gesehen habe. Dazu gibt es eine Zen-Geschichte:
Der Schüler studiert 3 Jahre lang bei seinem Meister die Lehren des spirituellen bewussten Lebens und der Meditation. Dann wird er zum ersten Mal zu einem Darshan allein mit dem Meister eingeladen. Er ist aufgeregt und nervös. Er geht in Gedanken die wichtigsten Grundlagen seiner Lehre durch, seine großen Einsichten und Erkenntnisse der letzten Jahre. Er kommt aus seiner Hütte und es regnet. Er holt seinen Schirm und geht zum Tempel. Er wartet, bis er zum Meister herein gerufen wird. Der Meister lächelt ihn an und lädt ihn freundlich ein, sich zu setzen. Beide trinken Tee. Schließlich richtet der Meister das Wort an ihn und fragt: „Mein lieber Schüler, auf welcher Seite der Tür hast du denn deinen Schirm abgestellt?“ Der Schüler antwortet: „Ich weiß es nicht mehr. Ich war so aufgeregt, hierher zu kommen, dass ich nicht darauf geachtet habe.“ Der Meister antwortet: „Dann musst du noch 3 Jahre studieren, denn du musst immer gegenwärtig sein können“.
Wenn ich übe, aufmerksam auf das zu achten, was um mich herum wahrzunehmen ist, dann kann ich nicht gleichzeitig darüber nachdenken, was gestern war oder morgen sein wird. Das Denken zieht mich nicht mehr aus der Gegenwart. Ich bin also im Moment und erlebe den Moment voll und ganz. Plötzlich ist der Moment wieder so aufregend wie damals als Kind, als ich einfach nur auf der Wiese die Blumen pflückte oder dem Ball hinterherrannte oder den Sand spürte. Das Leben wird bunt, das Leben wird interessant, alles wird großartig und wunderbar. Durch Achtsamkeit verringern sich Beschwerden wie Schmerzen oder Depression. Beziehungen verbessern sich. Alles, was durch das Denken schlimmer wird, wird durch Nicht-Denken besser.
Aber dann kommen die Erinnerungen oder etwas, das mir nicht gefällt oder was ich noch erledigen muss. Schwupps, schon bin ich nicht mehr im Moment, nicht mehr aufmerksam und präsent. Alles wird grau und farblos, so wie immer. Sobald mir das bewusst wird, kann ich wieder achtsam werden und wahrnehmen, was da ist. Schwupps, bin ich wieder drin im Moment. Das ist das Achtsamkeitstraining. So einfach und so wirkungsvoll.
Achtsamkeit kann überall und jederzeit geübt werden. Dadurch erleben wir die Dinge intensiver und genauer. Das Denken lässt nach und innerer Stress reduziert sich ganz von selbst.